Sie und die Stadt
In Wien draußen ist sie allein in Wien
Bis ins Äußerste bis zum Äußersten
Wenn sie Straßenbahn fährt wenn sie einkaufen geht
ist sie rechts und links und allseits in Wien,
findet Wien nur in ihrer Obhut statt.
In der Stadt draußen ist nur sie in Wien
Eines Vogels Kopf Auge und Flügelbreite
Eines Vogels Blickfeld in grüner Flur
Wenn sie ausgeht in Wien ihren Schirm aufspannt
ist alles Oben und Unten auch Wien.
Elternkind, Großeltern-, Schulkind
Backfisch Studentin Lehrerin
Erwachsene in Allerweltsaltern
Eh sie Freunde trifft eine Ausstellung sieht:
Gibt sie acht auf Wien ist sie allein in Wien.
In der Stadt draußen ist sie fast immer in Wien.
Und in Wien ist sie nur aufs Genaueste
In der Figur aufs Konziseste
Wenn sie sich in diesem Wien bewegt,
eben dann wenn sie auf das In-Wien-Sein späht.
Wolken darüber. ich weiß nur das eine
Ich gehe neben dem Rad.
Der Wagen ist höher als ich.
Er fährt eine hohe Fracht.
Dahinter die Giebel stehn
zart mit der Luft.
Sie schließen die Dächer.
So steigt es rechts von mir weiter.
Dann endet es, aber rechts vorn
ragt der Kastanienbaum.
Ein Landweg, im Dorf, eine
Dorfstraße, unsere.
Die Fuhre fährt hinaus.
Der Fuhrmann auf seinem Kutschbock?
Blickt lustig. Die Ochsen blicken wie Ochsen.
Ich blicke ernst.
Wer entgegen kommt, sieht es.
Ich bin eine Achtjährige.
Der Fuhrmann - im Alter des Fuhrmanns.
Die Ochsen sind ihr Teil Ochsen.
Neben meiner Schläfe rechts
das Trapez der hölzernen Wagenwand.
Links - nichts, der Garten; entfernt,
wo er endet, das Elternhaus.
Ich gehe mit der Fracht.
Der Fuhrmann blickt verschmitzt.
Unter dem Mützenschirm
die ewigen Lachfältchen.
Ich bleibe neben dem Rad,
als sei ich es, die ab und zu
achtsam die Zügel bewegt.
Unter den Schwingen, was ist.
Ein sachter Flug.
Zum Beispiel
Die eine Kachel war knallgrün. Das ließ sich nicht ändern.
Sie war es, ist es, so ist es. Wenn sie noch ist.
Daran läßt sich nichts ändern. Eingesetzt sitzt sie fest.
Unzureichend gebilligt. Wirkt an erträglich vorbei.
Es bedarf einer Zutat, einer gewissen Dosis von Absehn,
Vorbeisehn an ihr, im Wissen, da sitzt sie.
Dessen bedurfte es wohl. Spürbarer Duldung sozusagen,
bei aber nicht verminderter Aufmerksamkeit.
Ein Knall ist ein Phänomen. Denke: Knall.
Drei Gedichte
Elke Erb
Elke Erb is fearless in her willingness to pursue complicated logical trains of thought and to produce complicated sentences that don't "flow." She is therefore fun to translate if one enjoys puzzling over logic and syntax problems. She uses metaphor sparingly, but when metaphor does appear it is usually integral to the poem. In "For Example," "knallgrün" in the German original is a bright or glaring green, and "Knall" is a bang or loud sound, here used metaphorically as a "phenomenon" or, in context, something that stands out or doesn't fit. It was difficult to find an English term which could both describe a glaring color and qualify as a "phenomenon." "Neon" was my solution.
Elke Erb is winner of the 2020 Georg Büchner Prize. In her own words: “Born in 1938 in Scherbach (Eifel); migration to Halle (GDR) in 1949, farm work from 1958 to 1959, teacher’s exams in 1963, work at a publishing house between 1963 and 1965. Freelance writing of short prose, poetry, procedural texts, translations, poetry adaptations, editing since 1966. Lives in Berlin.”
Sara Edinger became interested in the German language and German literature as an undergraduate at Stanford. After Stanford, she obtained an M.A. (and A.B.D.) in literature, but for practical reasons she spent most of her working life in information technology. In retirement, she returned to the study of German and began making translations, mostly of poetry. Initially, she saw her translations as a way of understanding the poems more completely; she has since become fascinated by the process of solving translation problems. As a translator, she has published English versions of three poems by the German poet Elke Erb in Asymptote (April 2014) and another by Elke Erb in Passager (this poem was also published on Poetry Daily). Her translations (again from the German) of two poems by Gisela Hemau appeared in the Fall 2016 issue of Field.
